Dieser Schrank schreibt Stendaler Stadtgeschichte des 17. Jahrhunderts.
Wo befindet sich der Gildeschrank: Der große Gildewandschrank befindet sich in St. Marien auf der Südseite gleich neben der Marienkapelle und wurde im Auftrag der Stendaler Kaufmannsgilde im 17. Jahrhundert bemalt. Die Schranktüren sind vermutlich viel älter und dienten vor der Reformation für die Aufbewahrung von Gewänder und liturgischen Gerätschaften. All das was nach der Reformation weiter genutzt wurde, hat sich auch erhalten.
Die Größe der zwei Schranktüren beträgt je Blatt in der Höhe 3,26 m und in der Breite 0,85 m. Die Türblätter sind aus Nadelholz und sind mit geschmiedeten Eisenbändern im Mauerwerk verankert. Auf den Türblättern befinden sich Reste eines mittelalterlichen Schlosses, darüber befindet sich ein großer Schubriegel für das Vorhängeschloss. Die Außenseite der Schranktüren ist mit Malereien verziert.
Auf den Schranktüren befinden sich sechs Gildemeister und drei Altmeister, welche namentlich und durch die familienbezogenen Hausmarken in Wappenzier verewigt sind. Als Symbol des Kaufmannsstandes wurden zwei biblische Motive verwendet. Einmal im Zentrum der Erzengel Michael mit der Seelenwaage (Hiob 31,6) und darüber das Haupt des Johannes des Täufers auf dem Tablett (Matthias 14,8 – 11).
Somit erinnert der Gildeschrank daran, dass der Zusammenschluss der Stendaler Patrizier/Gildevertreter nicht nur wirtschaftliche und soziale, sondern auch religiöse Motive hatte. Es ist ein feines und seltenes frühbarockes Werk.
Die Wappen des Gildeschrankes sind links und rechts in je vier runde, grün ummalte Rahmen eingefügt. Der obere Rand bildet eine Dreiergruppe, deren Mitte ein weiteres Wappen enthält.
Der Erzengel Michael, der gegen das Böse kämpft bildet die Mitte. Sein Bild ist oval gehalten und ebenfalls grün gerahmt.
Bei der Marke des „1. Altermann“ haben wir es hier mit der Personenmarke des Georg Rademann zu tun.
Darauf folgt der „2. Altermann“, nämlich Gise Kreke mit seinem Wappen. In dessen Schild ist eine Marke abgebildet. Es handelt sich hier wohl um den Seidenkrämer Giese Kreke, der mit Margaretha Saltzwedel verheiratet war. Sein Sohn Kreke (Crecenius), Nicolaus wurde Konrektor in Stendal. (seit 1584 Seidenkrämergilde in Stendal)
Dann der „3. Altermann“, der sich als Jonas Tone zu erkennen gibt. An seiner Hausmarke sind sehr schön die Initialen „JT“ erkennbar. Jonas Tone wird 1643/1644/1647/1649/1651 im Stendaler Rat erwähnt. 1653 war er Kämmerer, ebenfalls 1659/1661/1663/1665/12667/1667/1669/1671. Ab 1672 war er zweiter Bürgermeister, ebenfalls 1674/1676. Im Jahr 1679 war er erster Bürgermeister und starb im gleichen Jahr. Seine Frau oder Schwester stiftete einen Kronleuchter in der Marienkirche.
Darauf wird als der 4. Gildemeister Jobst Kettwig genannt. Das Wappen stimmt mit dem Namen überein. Es ist auch das Familienwappen der Kettwig, das auch in Berlin beim Kurfürstlichen Rat Kettwig in der Seidelschen Bilderhandschrift überliefert ist.
Der 5. Gildemeister war Dietrich Kerstens. Seine Marke befindet sich in der Klosterkirche zu Arendsee als Werkzeichen.
Beim 6. Gildemeister handelt es sich um Georgius Schmidt. Diesen Schmidt finden wir im 17. Jahrhundert nicht im Rat.
Der 7. Gildemeister ist Heinrich Kramer. Dessen Familie finden wir ebenfalls im 17. Jahrhundert nicht im Rat. 1632 erwähnt Goetze diesen Kramer als 1. Altermann der Gewandschneider, Kramer und Seidenkrämergilde, S. 100. In Marien ist der der 7. Gildemeister.
Der 8. Gildemeister war ein (M)art (in) Steinbank. Auch aus dieser Familie sehen wir niemanden im 17. Jahrhundert im Rat.
Der 9. Gildemeister war Tobias Ratenow. Das Wappen ist mit der Hausmarke eindeutig als Wappen des Tobias Rathenow erkennbar. Das TR im Fuß der Marke macht den Gildemeister erkennbar. Im Rat scheint seine Familie nicht gewesen zu sein.
Die Kramergilde mit ihrem Wappen, dem Haupt Johannes des Täufers, weist darauf, dass wohl auch der heute im Museum befindliche Altar Johannes des Täufers die sehr alte Stiftung der Stendaler Kaufleute aus dem 13. Jahrhundert war. (Urkunde von 1299)